Musik gegen Windmühlen

Doch morgen (2018)

Weg nach Haus

Text: Henry-Martin Klemt

 

Kam ich abends spät nach Hause,
lag die Mutter wach und las,
sah mich an und dann erst löschte sie das Licht.
Noch bevor ich munter wurde,
stand der Vater in der Tür
streng und leise sagte er: du mußt zur Schicht.

Wie die Brust des ersten Mädchens
kurz vor Mitternacht im Lift,
hat die Zeit sich angefühlt in dieser Zeit.
Peitschenlampen, Gaslaternen,
jedes Licht ein andres Ziel.
Und das erste Grün noch einmal zugeschneit.

Es ist ein weiter Weg nach Haus.
Vielleicht gehst du ihn nie.
Vielleicht gehst du nie einen andern
als den Weg nach Haus.
Es ist ein weiter Weg nach Haus.

Ich stand nachts auf einer Bühne.
Und sie kam mir endlos vor.
Was ich singen wollte, schrie ich in den Saal.
Doch die leeren Reihen schwiegen.
Meine heiße Rebellion
war besiegt vom roten Plüsch zum ersten Mal.

Es ist ein weiter Weg nach Haus.
Vielleicht gehst du ihn nie.
Vielleicht gehst du nie einen andern
als den Weg nach Haus.
Es ist ein weiter Weg nach Haus.

Ich glaub, ich habe sieben Jahre
kaum ein Auge zu getan.
Hab gelebt von Rotwein, Liedern und Kaffee.
Roch nach Kneipe, Druckerschwärze,
Uniform und mancher Frau.
Erst wenn ich rieche, weiß ich oft, wohin ich geh.

Es ist ein weiter Weg nach Haus.
Vielleicht gehst du ihn nie.
Vielleicht gehst du nie einen andern
als den Weg nach Haus.
Es ist ein weiter Weg nach Haus.

Schlief am Strand, im Straßengraben,
auf dem Abstellgleis im Zug,
hinter Türen ohne Klinken lag ich nackt.
In den Höhlen des Gebirges,
auf den Rädern eines Trucks,
und nach Träumen hab ich wie nach Luft geschnappt.

Es ist ein weiter Weg nach Haus.
Vielleicht gehst du ihn nie.
Vielleicht gehst du nie einen andern
als den Weg nach Haus.
Es ist ein weiter Weg nach Haus.