über Quijote
Theodorakis in Chemnitz
- Schlaglichter vom neuen deutschsprachigen Mikis-Theodorakis-Programm „Sonne der Gerechtigkeit“ der Gruppe QUIJOTE
Diese Rezension zur Premiere mit "Sonne der Gerechtigkeit", ist in der Ellinki Gnomi - der Zeitung für die Griechen in Europa, Ausgabe Januar/ Februar 2008 erschienen.
Leicht aber bestimmt schwingt ein Lied durch den engbesetzten Zuschauerraum im Chemnitzer Kleinkunsttheater FATA MORGANA. Zieht durch Herz und Seele des in jeder Hinsicht gemischten Publikums - Junge wie Alte, Theodorakis-Kenner und unbedarfte Laien. - QUIJOTE-Fans und solche, die es nach diesem Premierenabend vielleicht werden. Erleichtert weicht die gespannte Aufmerksamkeit des vorangegangenen Konzerts. Verflogen das berauschende Eintauchen in die Tiefe von Text und Musik, das gebannte Verharren ob des plötzlichen Auseinanderdriftens von Textinhalt und Melodieführung, des Erstaunens über aufflackernde Disharmonien, die sich schon im nächsten Moment wieder in Harmonien gerieren. Gelöst schwingt als Premieren-Zugabe Theodorakis‘ bekanntes Lied „Nur diese eine Schwalbe“ durch den Raum, erfasst seine Zuhörer und lässt sie - je nach Mentalität und sicherlich auch Affinität zu Mikis Theodorakis und seinen Werken - entspannt lauschen, mitwippen oder sogar mitsingen, sich genussvoll zurücklehnen oder auch von den Sitzen aufspringen, um den Chemnitzer Musikern von QUIJOTE - Sabine Kühnrich, Ludwig Streng und Wolfram Hennig-Ruitz - Beifall zu zollen für eine gelungene Premiere ihres inzwischen nun zweiten Theodorakis-Programms.
Gab das Zugabenstück dieses Premierenabends „Nur diese eine Schwalbe“ einst dem ersten QUIJOTE-Theodorakis-Programm seinen Titel, so steht das nun zweite Mikis-Theodorakis-Programm unter dem Titel „Sonne der Gerechtigkeit“ mit neuen deutschen Nachdichtungen u. a. zu Liedern aus dem Zyklus „ROMIOSSINI“.
Die Chemnitzer Gruppe QUIJOTE ist gut beraten, dieses neue Programm nicht - wie etwas irreführend den ersten Theodorakis-Abend - mit dem Beinamen „ein Theodo-rakis-Liederabend“ zu versehen. Heben sich doch die QUIJOTE‘schen deutschen Fassungen der Theodorakis-Werke wohltuend von den bisher populären, teils schlagerhaften Interpretation von Milva oder Vicky Leandros ab. Gehen also über die bescheidene Ankündigung eines Liederabends hinaus. Nicht nur, dass sie musikalisch stark am Spannungsbogen des Originals dranbleiben, sondern QUIJOTE tritt erneut den Beweis an, dass die Theodorakis-Vorgaben sehr wohl auch in deutscher Sprache die Intention des Originals aufnehmen können und dabei trotzdem nicht unsingbar oder sogar un“hörbar“ sind. Erstaunlich, wie die deutschen Texte sowohl die Inhaltsschwere des Originals wiedergeben und sich dennoch in die Rhythmik der eigentlich auf die eigenwillige Diktion der griechischen Sprache passgenau geformte Musik einfügen.
Genau das macht auch die Einmaligkeit und Eigenwilligkeit der QUIJOTE‘schen Theodorakis-Abende aus, mit denen sich die Gruppe bereits weit über Chemnitz hinaus bei Insidern einen Namen gemacht hat. Kunst, die an Grenzen nicht haltmacht und inzwischen auch vorgedrungen ist in die Heimat des Originalschaffens - nach Griechenland. Und - wie sich zur Premiere des zweiten Theodorakis-Programmes herausstellt - sogar bis zum Meister selbst. So ließ es sich Mikis Theodorakis nicht nehmen, eine Mail-Botschaft mit besten Grüßen zur Premiere zu schicken, um abschließend mit dem Wunsch zu enden: „Wenn ich Aufnahmen von einigen Eurer Konzerte bekommen könnte, wäre ich sehr erfreut. Ich erwarte Eure Neuigkeiten. Euer Mikis Theodorakis“. Wen wundert es da, dass sich die QUIJOTE-Musiker sogar an eine eigens von ihnen entworfene Hommage für Theodorakis heranwagten.
Es beeindruckt, mit welcher Selbstverständlichkeit und scheinbaren Leichtigkeit QUIJOTE inzwischen die deutsche Umsetzung selbst kompliziertester Originalvorgaben gelingt. So überrascht es höchstens, verwundert aber längst nicht mehr, wenn die Sängerin der Gruppe Sabine Kühnrich zum Ende des Premierenabends verkündet, nun eine eigene deutsche Fassung des Stückes Befreier aus dem Oratorium Canto General dem geneigten Premierenpublikum zu offerieren. Zweifel oder Skepsis ob dieser Ankündigung gab es bei QUIJOTE-Kennern nicht. Bravo-Rufe und Ovationen gaben dem gewagten Unterfangen der Musiker recht. Sozusagen eine gelungene Welt-Uraufführung.
Erneut legt QUIJOTE mit dem zweiten Programm die Messlatte für deutsche Theodorakis-Interpretationen höher, gelingt ihnen wieder ein ebenso widersprüchliches, facettenreiches wie auch in sich stimmiges Programm, das aufhorchen und ein neues Kapitel griechisch-deutscher Verständigungskultur aufschlagen lässt.
Das Premierenpublikum jedenfalls war sich an diesem Novemberabend einig: Dieses Musikerlebnis sollte nicht auf den Brettern des Kleinkunsttheaters FATA MORGANA in Chemnitz verharren. Die QUIJOTE-Musiker Sabine Kühnrich, Ludwig Streng und Wolfram Hennig-Ruitz sollten Gelegenheit bekommen, ihre Kunst hinaustragen zu können als Botschafter herausgehobenen Musikschaffens und griechisch-deutscher Verständigung.